Logo Optimera AG

Blog

Hafer - macht er wirklich "heiss"?

Hafer - macht er wirklich

Wieso macht Hafer “heiss”? Die absolute Antwort darauf … haben wir auch nicht. Die Vor- und besonders die Nachteile der Fütterung von Hafer ist heutzutage ein viel diskutiertes Thema. So sind auch die Foren voll davon und gespickt mit Unwissenheit, Mythen und Vorurteilen. Viele Pferdebesitzer sträuben sich gegen die Fütterung von Hafer und praktisch in jedem Pferdefuttersortiment ist ein Müesli ohne Hafer erhältlich.

Hafer hat diesen schlechten Ruf aber wirklich zu unrecht, deshalb hier einige klärende Worte dazu. Vor 100 Jahren sah es noch etwas anders aus. Pferde wurden damals für die Arbeit eingesetzt und hatten auch in der Armee einen hohen Stellenwert. Schon damals hat man erkannt, dass Hafer eine sehr passende Energiequelle für das Pferd ist. Dies wird z.B. bereits 1926 in der „Anleitung zur rationellen Pflege des Pferdes“ der Schweizer Armee beschrieben, wogegen von anderen Getreidesorten wie Gerste, Mais, Roggen und Weizen eher abgeraten wird. Neben der schweren Verdaulichkeit des unbearbeiteten Korns wird ihnen auch vorgeworfen, dass sie je nachdem schwammig fett machen oder ganz einfach, am Beispiel von Weizen, zu teuer sind.

So konnte sich der Hafer, der auch gut bei uns gedeiht als kostengünstige und leicht verdauliche Futterquelle, die zudem auch noch für gute Muskulatur sorgt, etablieren. Schon damals hat man erkannt, dass dieser ganze oder gebrochene Hafer anregt und Temperament verleihen kann. Dies insbesondere dann, wenn viel eingesetzt wurde. Einfache Lösung des Problems war dann die Rationsmenge bzw. die Energiezufuhr anzupassen.

Ich gehe stark davon aus, dass hier der Mythos „Hafer macht heiss“ geboren wurde. Wenn ein Pferd zu lustig wurde, gab man ihm weniger Hafer – es gab ja nichts anderes zum Reduzieren. So hiess es dann vor 100 Jahren: „Gib weniger Hafer, wenn Dein Pferd zu heiss wird“. Heute heisst der Satz: „Wenn Du Hafer gibst, wird Dein Pferd zu heiss“. Es sind die gleichen Worte etwas anders hintereinander gestellt.

Der Hafer hat sich über die Jahre züchterisch verändert. Gleich geblieben ist die gute Verdaulichkeit des Hafers auch in unbehandelter Form. Die Enzyme im Verdauungstrakt des Pferdes sind in der Lage die feinkörnige Haferstärke aufzuschliessen, was zu einer Verdaulichkeit im Dünndarm von 85% und mehr führt. Die grobkörnige Stärke von Mais, Gerste ist nur zu 30% verdaulich. Die Stärkekörner gelangen unverdaut in den Dickdarm, bringen da die Mikroflora durcheinander was dann wieder ein Risiko für Koliken bis hin zu Hufrehe darstellt.

Im Laufe der letzten 100 Jahre hat man Technologien entwickelt, welche auch die Stärkekörner von Mais und Gerste hoch verdaulich machen. Durch Behandlung mit Hitze und Druck brechen die grobkörnigen Stärkekörner und werden damit leichter angreifbar für die Enzyme und damit leichter verdaulich. In dieser behandelten Form (z.B. Flocken) finden wir diese Getreidesorten heute in vielen Futtermitteln.

Oft hört man auch, dass Hafer sehr viel Energie hat und deshalb heiss macht. Allerdings enthält mittlerer Hafer 11.5 MJ pro kg, Maisflocken und Gersteflocken dagegen 13.6 MJ und 12.8 MJ! Dies ist somit keine Erklärung und Haferfreie Kombifutter sind nicht energieärmer als andere – im Gegenteil.

Zurück zur Anleitung der Armee von 1926, die beschreibt, dass Hafer kräftige Muskeln macht und weniger mästend (fettbildend) wirkt als andere Getreidekörner. Dies ist derAnsatz sich den Proteinen zu widmen. Wir finden bei Gerste und Hafer 87 g bzw. 85 g verdauliches Rohprotein pro kg. Der Mais hinkt mit 64 g hinterher.

Proteine bestehen aus Aminosäuren, welche wiederum vom Körper verwendet werden um Muskelmasse zu bilden. Es wird zwischen essentiellen und nicht essentiellen Aminosäuren unterschieden. Letztere kann der Organismus aus Kohlenhydrat- und Fettabbauprodukten selber herstellen. Die essentiellen Aminosäuren dagegen müssen über das Futter zugeführt werden. Steht nur eine dieser Aminosäuren in ungenügender Menge zu Verfügung wird der Aufbau von körpereigenen Eiweissen (Muskulatur!) beeinträchtigt.

Und nun dürfen Sie raten, wo wir am meisten von diesen essentiellen Aminosäuren antreffen. Der Hafer enthält gegenüber Gerste rund 1/5, gegenüber Mais ¼ mehr dieser essentiellen Aminosäuren.

Der Körper ist bei Haferfütterung also bestens mit diesen Bausteinen eingedeckt und vielleicht gibt es begleitend irgendeine unerkannte Botschaft ans Gehirn, die dem Körper sagt: „Du hast die Bausteine, also beweg Dich (Training) um Körpermasse (Muskulatur) aufzubauen. Oder ist nicht auch der Geist in einem fitten, gut bemuskelten Körper ingesamt aufgeweckter?

Auch interpretieren wir als Pferdehalter die Begriffe „heiss“ oder temperamentvoll sehr unterschiedlich. Beim den einen ist es erwünscht, beim anderen nicht. Zuweilen können Unterordnungsprobleme und Gehorsam mit einwirken oder wir hatten einfach wieder mal zuwenig Zeit um dem Bewegungsdrang unseres Pferdes gerecht zu werden.

Weshalb der Hafer heisser machen soll als andere Getreidesorten, und ob es tatsächlich allein am Hafer liegt muss jeder für sich selber entscheiden. Zu Hyperaktivität leisten die Kohlenhydrate auf jeden Fall ihren Beitrag, egal aus welcher Getreidequelle sie stammen.

Zusammenfassung:

  • Hafer ist das Getreide, welches das Pferd am besten verdauen kann
  • Hafer muss vor der Verfütterung nicht zwingend gequetscht, flockiert oder geschrotet werden, wie Mais oder Gerste. Mais und Gerste unbehandelt zu verfüttern kann Kolik bis hin zu Hufrehe auslösen.
  • Hafer enthält Schleimstoffe, die die Verdauung begünstigen.
  • Hafer hat keinen höheren Energiewert als Gerste oder Mais
  • Hafer weist ein sehr günstiges Aminosäurenmuster auf und enthält nicht beträchtlich mehr oder weniger Eiweiß wie z. B. Gerste.
  • Hafer enthält ungesättigte Fettsäuren.
  • Die Haferspelzen regen zum Kauen an.
  • Hafer enthält keine Klebereiweiße wie Weizen, Dinkel oder Roggen, die im Magen verkleistern.